Hallo zusammen,
haben wir wieder mal das alte Thema? Hatten wir doch nun wirklich in den letzten Jahren schon zu genüge...
Wenn es darum geht, uns DB-Tf zu überzeugen, daß es uns doch eigentlich viel zu gut geht, heißt es, "die Privaten" bezahlen schlecht. Wenn es mal wieder darum geht, "den Wettbewerb" und alles was nicht in Verkehrsrot daherkommt in den Himmel zu heben, heißt es das genaue Gegenteil. Die Wahrheit dürfte wie so oft in der Mitte liegen.
Tatsache ist, daß der "Wettbewerb" im SPNV oftmals ein reiner Lohnkostenwettbewerb ist. Alles ist haarklein in den Ausschreibungen geregelt: Fahrplan, (Verbund-)Tarife und die Aufteilung der Einnahmen sowie die einzusetzenden Fahrzeuge, die oft auch vom Besteller gestellt werden - samt Wartungsvertrag.
Es gibt heute Privatbahnen, die ihre Mitarbeiter besser bezahlen als die DB, allerdings sind diese meist ausschließlich im Güterverkehr aktiv. Im Personennahverkehr dürfte das leider so gut wie nie vorkommen. Nach meinen - unbestätigten - Informationen ist das Lohnniveau z. B. bei vielen Veolia-Gesellschaften (HEX und andere Retortenbähnchen im Osten...), der PEG und den Unternehmen der HHA/Benex-Gruppe alles andere als befriedigend, geschweige denn hoch.
Von daher wird kaum ein DB-Tf das Bedürfnis haben, dorthin zu wechseln, wenn er eine bessere Alternative hat. Leider behelfen sich viele dieser Unternehmen damit, Leute von der Straße einzustellen und sie in von der Agentur für Arbeit großzügig geförderten Schnellausbildungen zum Tf zu machen, anstatt endlich auf eigene Kosten auszubilden oder qualifiziertes Personal zu angemessenem Lohn zu beschäftigen.
Gewinnt ein solches Unternehmen eine Ausschreibung, werden zwar meist die Bestellerentgelte geringer und die Lokalpresse jubelt über xx "neu geschaffene Arbeitsplätze", doch der Steuerzahler darf die Ausbildung des neuen Personals mitfinanzieren, während die DB-Kollegen meist wegziehen in eine Region, wo sie "noch" gebraucht werden oder aber von ihren Familien/Partnern getrennt leben...
Hauptsache, der Fuzzy hat ein paar schöne bunte Züge zu fotografieren und das Personal ist ja ach so freundlich, was bei den Arbeitsverträgen wohl kein Wunder ist, auch wenn diese Freundlichkeit meist mehr als gekünstelt rüberkommt.
Was Metronom betrifft, ist es wohl so, daß dort nicht allzu schlecht bezahlt wird. Mehr als bei der DB ist es aber m. W. nur, wenn man von einer kurzen Betriebszugehörigkeit ausgeht. Ein Beamter oder vor 1994 eingestellter Angestellter der DB dürfte einiges mehr bekommen.
Metronom würde ich auch erst seit kurzem als "privat" ansehen, seit Arriva/Bachstein die Mehrheit hält. Vorher war es eigentlich eine "niedersächsische Staatsbahn", und ich denke, man kann Metronom nicht ohne weiteres mit den vielen anderen privaten Eisenbahnunternehmen in einen Topf werfen. Aber was ist Metronom eigentlich? Ich würde sagen, so etwas wie das Prestigeprojekt niedersächsischer Nahverkehrspolitik und das Lieblingskind von Herrn Gorka, seines Zeichens Chef der Landesnahverkehrsgesellschaft (LNVG). Die ersten Leistungen, die Metronom bekam, wurden m. W. nicht wirklich ausgeschrieben, sondern freihändig vergeben. Spätere Ausschreibungen waren so konzipiert, daß es nur einen Gewinner geben konnte...
Die Fahrzeuge gehören dem Land bzw. seinem "Fahrzeugpool" und werden in einer Werkstatt gewartet, die m. W. ebenfalls dem Land gehört. Fahrplan und Tarif sind eh fest vorgegeben, und auch die Besetzung der Züge mit (erstaunlich vielen) Zugbegleitern ist vertraglich geregelt. Allzuviel unternehmerische Freiheit und privatwirtschaftliche Eigeninitiative vermag ich nicht zu erkennen. Man könnte auf die Idee kommen, Metronom ist nichts weiter als ein Personalüberlassungsunternehmen. Glücklicherweise verdienen die Kollegen nicht allzu schlecht, einen Betriebsrat haben sie wohl auch, und viele von ihnen sind gewerkschaftlich organisiert. Leider beinhalten die Arbeitsverträge dort wohl einige Regelungen, die nicht gerade mitarbeiterfreundlich sind. So sagte mir z. B. mal ein Metronom-Kollege, daß er unterschreiben mußte, daß sein Vertrag bei Berufsunfähigkeit aufgelöst wird. Ca. 40% aller Tf werden frühzeitig fahrdienstuntauglich. Bei der DB besteht wenigstens die Aussicht auf einen meist schlechter bezahlten Ersatzarbeitsplatz, bei Metronom möchte man sich damit wohl nicht belasten, so daß der Abschluß einer teuren Berufsunfähigkeitsversicherung für die Kollegen unerläßlich sein dürfte - auch ein Posten, den man beim Gehalt wieder abziehen darf...
Metronom und andere DB-Konkurrenten haben in aller Regel kaum altgediente Mitarbeiter. Während bei der DB eben aufgrund des tollen "Wettbewerbs" das Durchschnittsalter immer weiter ansteigt, man mit einem höheren Krankenstand und gewissen "Besitzständen" der altgedienten Kollegen leben muß, haben es die Privaten um einiges leichter. Junge und neueingestellte Kollegen sind halt gesundheitlich noch nicht vom Wechseldienst kaputtgemacht worden und sind wohl generell stärker "formbar" bzw. können keine Forderungen stellen. Denen kann man z. B. Freundlichkeit "befehlen", auch wenn ihnen sicher oftmals das Lächeln im Hals steckenbleibt, oder man kann anordnen auch bei Dunkelheit im Steuerwagen das Rollo der transparenten Führerraumrückwand oben zu lassen, damit sie wie der Hase im Käfig dasitzen und obendrein noch von der Fahrgastraumbeleuchtung geblendet werden. Dem Fahrgast und insbesondere dem Fuzzy gefällts halt, und der Kollege soll froh sein, daß er bei x Millionen Arbeitslosen nicht auf der Straße sitzen muß.
Leider ist das Personal dem "Wettbewerb" gnadenlos ausgeliefert, kann aber selbst nicht daran teilnehmen. Dieses Schicksal teilen wir uns mit den Fahrgästen. Die bekommen genau wie wir die Entscheidungen der Besteller und der Politik aufs Auge gedrückt, wenn es mal wieder heißt: XY hat die Ausschreibung gewonnen. So wie auf dieser oder jener Strecke bisher ausschließlich die DB gefahren ist, fährt dann halt jemand anderes. Vielleicht spart der Steuerzahler dabei etwas, oder es können zum gleichen Preis mehr Züge gefahren werden, doch der Fahrpreis bleibt gleich. Die "Freundlichkeit" des Personals fällt vielleicht auf, doch die Qualität der Ausbildung und die Fähigkeiten der neuen Kollegen vermag der normale Fahrgast wohl kaum zu beurteilen...
Das ist wohl der Lauf der Zeit, und so werde auch ich mich wohl in absehbarer Zeit um einen neuen Arbeitsplatz - wahrscheinlich im Güterverkehr - bemühen müssen. Es ist frustrierend, daß man nichts dagegen tun kann. Es ist völlig wurscht, ob ich mir jeden Tag für meine Fahrgäste ein Bein ausreiße, ob ich versuche, Verspätungen herauszufahren oder ihnen z. B. am Fahrscheinautomaten oder beim Einsteigen behilflich bin oder ob ich nett und freundlich bin - die Ablösung steht schon in den Startlöchern. Immerhin könnt Ihr aber gewiß sein, daß wenn ich freundlich zu Euch bin, das ganz freiwillig so ist, und nicht, weil ich arbeitsvertraglich dazu verdonnert wurde.
Damit ist von meiner Seite zu diesem Thema hoffentlich zumindest für die nächste Zeit alles gesagt.
Gruß
Ulrich